Ortenaukreis plant Wiederaufbau einer Gemeinschaftsunterkunft am Flugplatz Offenburg
Containeranlage bietet Platz für bis zu 88 Personen
Aufgrund der auch im Ortenaukreis zunehmenden Zahl an Zuwanderern baut das Landratsamt wie bereits berichtet seine Gemeinschaftsunterkünfte weiter aus. Zusätzlich zu einer im Aufbau befindlichen Flüchtlingsunterbringung in Zell am Harmersbach und der Reaktivierung eines Teils des Riedhofs in Meißenheim plant der Kreis daher auch den Wiederaufbau einer Containeranlage am Flugplatz in Offenburg, wie sie dort bereits von Ende 2015 bis Herbst 2017 betrieben wurde. Im Rahmen einer Stadtteilkonferenz in Offenburg-Albersbösch und Offenburg-Hildboltsweier am Dienstag haben Michael Loritz, Dezernent für Infrastrukturen, Baurecht und Migration des Ortenaukreises, und Migrationsamtsleiterin Alexandra Roth das Vorhaben vorgestellt.
„Aufgrund der kontinuierlich steigenden Zahl an Zuwandern, die wir als Kreis vom Land Baden-Württemberg in die vorläufige Unterbringung zugewiesen bekommen, arbeiten wir bereits mit Hochdruck daran, frühere Unterbringungen wiederaufzubauen und neue Plätze zu schaffen“, so Michael Loritz. In 2021 seien bis Ende November insgesamt 639 Personen neu in der vorläufigen Unterbringung des Ortenaukreises aufgenommen worden, wobei die Zunahme mit 124 Neuankünften im November besonders hoch gewesen sei. „Beim Aufbau von Unterkünften ist es uns ein besonderes Anliegen, die Städte und Gemeinden, Anwohner und Ehrenamtlichen frühzeitig zu informieren und mit ins Boot zu nehmen“, betont Loritz.
Neben weiteren Unterkünften, an deren Inbetriebnahme das Landratsamt derzeit arbeitet, sollen in dem zweistöckigen Bau am Offenburger Flugplatz maximal 88 Personen eine vorübergehende Bleibe finden, wobei ein Wohncontainer von zwei Personen genutzt werden soll. Die Bewohner sollen sich selbst verpflegen, d.h. dass diese selbst einkaufen und in den bereitgestellten Gemeinschaftsküchen kochen. „Um sowohl die Bewohner als auch Anwohner und ehrenamtliche Helfer bestmöglich zu unterstützen, werden neben der Heimleitung auch Sozialarbeiter und Hausmeister regelmäßig als Ansprechpartner vor Ort sein“, so Migrationsamtsleiterin Roth. Für Fragen und Anliegen steht das Migrationsamt unter der E-Mail migrationsamt@ortenaukreis.de zur Verfügung.
Die Anlage soll voraussichtlich im Frühjahr aufgebaut werden. Zunächst müssen verschiedene bauliche Maßnahmen, wie der Aufbau der Container und die Verlegung der Zu- und Ableitungen, geplant werden und das Regierungspräsidium Freiburg muss das Vorhaben prüfen und genehmigen. „Wir gehen davon aus, dass wir die Anlage dann zügig aufbauen und in wenigen Wochen in Betrieb nehmen können“, so Roth.
„Wir haben den Landkreis bereits vor sechs Jahren unterstützt und wollen das auch diesmal tun“, sagt der Offenburger Sozialbürgermeister Hans-Peter Kopp. „Wichtig ist uns dabei, von Anfang die Akteure und die Bürgerschaft in den betreffenden Stadtteilen zu informieren und mitzunehmen, damit es ein möglichst gutes Miteinander wird.“
Zusammen mit der neuen Unterkunft in Zell am Harmersbach und dem kürzlich reaktivierten Riedhof in Meißenheim mit 41 Plätzen betreibt der Ortenaukreis aktuell 14 Einrichtungen in sieben Kommunen mit 984 Plätzen. In der Regel sind die Kapazitäten zu rund 80 Prozent ausgelastet, aktuell jedoch mit rund 94 Prozent. Bei der Quotenberechnung für die Anschlussunterbringung werden die Plätze in der vorläufigen Unterbringung voll angerechnet, sodass einzelne Kommunen nicht überproportional belastet werden.
Hintergrundinformation: Auf- und Abbaukonzept
In der Zuwanderungswelle dienten unter anderem Containeranlagen, Sporthallen und ehemalige Hotels im Ortenaukreis als Gemeinschaftsunterkünfte. Mit verschiedenen Miet- und Kaufmodellen hat sich der Kreis von Anfang so aufgestellt, dass er einerseits über einen sicheren Basisbestand an Unterkünften verfügt, andererseits aber auch flexibel auf Rückgänge reagieren kann.
Im Mai 2016 war der Höchststand mit 5.771 Plätzen in der vorläufigen Unterbringung (VU) erreicht. Angesichts des Rückgangs der Neuzugänge hat der Landkreis in den Jahren 2017 bis 2020 insgesamt 4.928 Plätze in der VU sukzessive abgebaut, insbesondere kleine, organisatorisch schwer zu betreuende Objekte, Sporthallen sowie Containerunterkünfte. Der starke Abbau erfolgte nach den Vorgaben des Landes Baden-Württemberg, das zuletzt eine Mindestauslastungsquote von 80 Prozent forderte.
Im Januar 2020 verfügte der Ortenaukreis mit 843 Plätzen über weniger Kapazitäten als zu Beginn der großen Zuwanderungswelle im September 2014 (1.090 Plätze).
Hintergrundinformation: Landeserstaufnahmestelle, Vorläufige Unterbringung und Anschlussunterbringung
Die Unterbringung von Flüchtlingen wird in den Bundesländern unterschiedlich gehandhabt. In Baden-Württemberg gibt es ein dreistufiges Unterbringungssystem, das im Flüchtlingsaufnahmegesetz geregelt ist:
1. Unterbringung in einer Landeserstaufnahmeeinrichtung (LEA), die vom Land Baden-Württemberg betrieben wird. Hier werden die Flüchtlinge registriert, gesundheitlich untersucht und sie stellen ihren Asylantrag beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge. Die Standorte der Erstaufnahmeeinrichtungen können der Internetseite des Ministeriums für Justiz und Migration entnommen werden.
2. Danach folgt die Verlegung in die Vorläufige Unterbringung (VU), die in der Verantwortung der Stadt- und Landkreise liegt. Hier verbleiben die Antragsteller während ihres laufenden Asylverfahrens. Die VU endet nach Anerkennung oder rechtskräftiger Ablehnung des Asylantrages, aber maximal nach 24 Monaten.
3. Als dritte Stufe folgt die Anschlussunterbringung (AU) in den kreisangehörigen Städten und Gemeinden. Hierzu gibt es im Ortenaukreis eine halbjährliche Quotenberechnung, damit sich die Ortenauer Kommunen frühzeitig darauf einstellen können.