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Datum: 07.12.2021

Ortenaukreis schafft neue Gemeinschaftsunterkunft in Zell am Harmersbach

Eckwaldblick bietet vorübergehende Bleibe für circa 80 Geflüchtete

Aufgrund der auch im Ortenaukreis zunehmenden Zahl an Zuwanderern, die der Kreis vom Land Baden-Württemberg in die vorläufige Unterbringung zugewiesen bekommt, baut dieser seine vorhandenen Kapazitäten wieder aus. Ab Januar soll auch das Hotel Eckwaldblick in Zell am Harmersbach als Flüchtlingsunterbringung genutzt werden.

„Angesichts steigender Zuwanderungszahlen reaktivieren wir im Sinne unseres Auf- und Abbaubaukonzepts einige im Zuge der Zuwanderungswelle von 2015/2016 genutzte Unterbringungen und schaffen neue Plätze“, so Migrationsamtsleiterin Alexandra Roth. In 2021 seien bis Ende November insgesamt 639 Personen neu in der vorläufigen Unterbringung des Ortenaukreises aufgenommen worden, wobei die Zunahme mit 124 Neuankünften im November besonders spürbar gewesen sei.

Neben weiteren Unterkünften, an deren Inbetriebnahme das Landratsamt derzeit arbeitet, sollen auch im Hotelgebäude in Zell am Harmersbach Neuankömmlinge untergebracht werden. Im Eckwaldblick sollen rund 70 bis 80 Personen eine vorübergehende Bleibe finden; der Kreis hat diesen für die Dauer von drei Jahren angemietet. „Natürlich gelten die in einer Einrichtung der vorläufigen Unterbringung üblichen Konditionen, was etwa die Möglichkeit zur Selbstverpflegung und Gemeinschaftsräume anbetrifft, und nicht die eines Hotelbetriebs“, erklärt Roth. Um sowohl Be- als auch Anwohner bestmöglich zu unterstützen, sind neben einer Heimleitung auch Sozialarbeiter und Hausmeister regelmäßig als Ansprechpartner vor Ort. Zudem werden die direkten Nachbarn der Unterkunft noch vor deren Belegung zu einer Besichtigung eingeladen, bei der auch Fragen gestellt werden können.

„Die Stadt wurde durch den Landkreis sofort informiert, als es erste Kontakte zum Vermieter der Immobilie gab“, betont Bürgermeister Günter Pfundstein. „Uns allen muss klar sein, dass die Lebenswirklichkeit auch in der Frage der Flüchtlingsunterbringung letztlich durch die Kommunen vor Ort beantwortet werden muss. Das muss sich die große Politik stets vor Augen führen. In einer ohnehin schwierigen Zeit stehen wir vor einer weiteren Herausforderung, die wir nur gemeinsam lösen können. Die Stadt Zell, im Besonderen unser Ortsteil Unterharmersbach, hat bereits in der Vergangenheit bewiesen, dass wir uns den Verpflichtungen stellen. Wir werden in jedem Fall unser Augenmerk auf eine faire und ausgewogene Flüchtlingsunterbringung richten und appellieren an das Verantwortungsbewusstsein aller Akteure“, so Pfundstein weiter.

Für Fragen und Anliegen von Anwohnern steht das Migrationsamt unter der E-Mail migrationsamt@ortenaukreis.de zur Verfügung. Die im Eckwaldblick eingerichtete Teststation ist von der Einrichtung der Gemeinschaftsunterkunft nicht betroffen und wird durch den bisherigen Betreiber weitergeführt.

Zusammen mit der neuen Unterkunft in Zell am Harmersbach und dem kürzlich reaktivierten Riedhof in Meißenheim mit 41 Plätzen betreibt der Ortenaukreis aktuell 14 Einrichtungen in sieben Kommunen mit 984 Plätzen. In der Regel sind die Kapazitäten zu rund 80 Prozent ausgelastet, aktuell jedoch mit rund 94 Prozent. Bei der Quotenberechnung für die Anschlussunterbringung werden die Plätze in der vorläufigen Unterbringung voll angerechnet, sodass einzelne Kommunen nicht überproportional belastet werden.

Hintergrundinformation: Auf- und Abbaukonzept
In der Zuwanderungswelle dienten unter anderem Containeranlagen, Sporthallen und ehemalige Hotels im Ortenaukreis als Gemeinschaftsunterkünfte. Mit verschiedenen Miet- und Kaufmodellen hat sich der Kreis von Anfang so aufgestellt, dass er einerseits über einen sicheren Basisbestand an Unterkünften verfügt, andererseits aber auch flexibel auf Rückgänge reagieren kann.
Im Mai 2016 war der Höchststand mit 5.771 Plätzen in der vorläufigen Unterbringung (VU) erreicht. Angesichts des Rückgangs der Neuzugänge hat der Landkreis in den Jahren 2017 bis 2020 insgesamt 4.928 Plätze in der VU sukzessive abgebaut, insbesondere kleine, organisatorisch schwer zu betreuende Objekte, Sporthallen sowie Containerunterkünfte. Der starke Abbau erfolgte nach den Vorgaben des Landes Baden-Württemberg, das zuletzt eine Mindestauslastungsquote von 80 Prozent forderte.

Im Januar 2020 verfügte der Ortenaukreis mit 843 Plätzen über weniger Kapazitäten als zu Beginn der großen Zuwanderungswelle im September 2014 (1.090 Plätze).

Hintergrundinformation: Landeserstaufnahmestelle, vorläufige Unterbringung und Anschlussunterbringung
Die Unterbringung von Flüchtlingen wird in den Bundesländern unterschiedlich gehandhabt. In Baden-Württemberg gibt es ein dreistufiges Unterbringungssystem, das im Flüchtlingsaufnahmegesetz geregelt ist:

1. Unterbringung in einer Landeserstaufnahmeeinrichtung (LEA), die vom Land Baden-Württemberg betrieben wird. Hier werden die Flüchtlinge registriert, gesundheitlich untersucht und sie stellen ihren Asylantrag beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge. Die Standorte der Erstaufnahmeeinrichtungen können der Internetseite des Ministeriums für Justiz und Migration entnommen werden.

2. Danach folgt die Verlegung in die Vorläufige Unterbringung (VU), die in der Verantwortung der Stadt- und Landkreise liegt. Hier verbleiben die Antragsteller während ihres laufenden Asylverfahrens. Die VU endet nach Anerkennung oder rechtskräftiger Ablehnung des Asylantrages, aber maximal nach 24 Monaten.

3. Als dritte Stufe folgt die Anschlussunterbringung (AU) in den kreisangehörigen Städten und Gemeinden. Hierzu gibt es im Ortenaukreis eine halbjährliche Quotenberechnung, damit sich die Ortenauer Kommunen frühzeitig darauf einstellen können.