Besuch von Vertretern der EU-Kommission im Ortenaukreis - Landwirtschaftliche Themen im Fokus
Delegation folgte Einladung von Landrat Scherer
Im Rahmen einer dreitägigen Informationsfahrt im September 2015 besuchten Mitglieder des Kreistages und der Führungsebene der Kreisverwaltung des Ortenaukreises die Europastadt Brüssel. Dabei tauschte sich die Delegation auch mit Vertretern der Generaldirektion Landwirtschaft aus und sprach unter anderem die Problematik der immer aufwändigeren landwirtschaftlichen Vor-Ort-Kontrollen an. Um diese Thematik vor Ort zu veranschaulichen und zu diskutieren, lud Landrat Frank Scherer die Gesprächspartner der EU-Kommission zu einem Gegenbesuch in den Ortenaukreis ein. Dieser fand nun gestern (Mittwoch) statt. Neben Owen Jones, Arie Van der Greft und Henrique Vicente von der Generaldirektion Landwirtschaft nahmen auch Vertreter aus dem Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) und Fachleute aus dem Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz Baden-Württemberg (MLR) sowie Mitarbeiter des Landratsamtes an dem Treffen teil.
„Der bürokratische Aufwand bei dem von der EU geforderten System der landwirtschaftlichen Vor-Ort-Kontrollen ist immens. Ich freue mich, dass die EU-Vertreter meiner Einladung gefolgt sind und sich bei uns im Hinblick auf die speziellen agrarstrukturellen und topografischen Verhältnissen des Ortenaukreises vor Ort ein Bild über diese Problematik gemacht haben. Das ist ein schöner Erfolg unserer Brüssel-Reise. Ich hoffe, dass von diesem Besuch nun die richtigen Impulse ausgehen“, sagte Landrat Frank Scherer.
Dr. Martin Schreiner, Dezernent für den Ländlichen Raum des Ortenaukreises, begrüßte die Teilnehmer im Amt für Landwirtschaft und gab einen Überblick zur bisherigen Entwicklung und der aktuellen Umsetzung im Ortenaukreis des EU-Förderverfahrens „Gemeinsamer Antrag“ (GA/GAV). Im Anschluss wurden die inhaltlichen Herausforderungen der Vor-Ort-Kontrollen (VOK) diskutiert. „Die frist- und sachgerechte Erledigung der Vor-Ort-Kontrollen ist eine grundlegende Voraussetzung für die pünktliche Ausbezahlung der landwirtschaftlichen Förder- und Ausgleichszahlungen. Diese stellen gerade unter den aktuell deutlich angespannten Marktbedingungen für zahlreiche landwirtschaftliche Betriebe einen sehr wichtigen und existenzsichernden Einkommensbeitrag dar. Durch die Kopplung der Fördermaßnahmen an Mindeststandards bei der Flächenbewirtschaftung wird hierbei auch ein wichtiger Beitrag zum Erhalt und zur Pflege und Offenhaltung unserer wertvollen Kulturlandschaft geleistet“, betonte Schreiner. Bedingt durch den hohen Anteil an EU-Mitteln an den Ausgleichszahlungen sei landesweit ein vielschichtiges und hochkomplexes Kontroll- und Überwachungssystem (InVeKoS - Integriertes Verwaltungs- und Kontrollsystem) aufgebaut worden, um die Rechtmäßigkeit und Stimmigkeit der Zahlungen zu garantieren. Dabei gehe es in erster Linie darum, ob die Angaben im Gemeinsamen Antrag zu Flächenmaße, Kulturarten oder terminliche Vorgaben sowie die Einhaltung weiterer Verpflichtungen in den Bereichen Umwelt, Lebens- und Futtermittelsicherheit sowie Tiergesundheit und Tierschutz (CC - Cross Compliance) stimmig seien. „Mittlerweile ist jedoch mit diesen Fördermaßnahmen bei der Antragstellung und Vor-Ort-Kontrolle ein sehr hoher bürokratischer Aufwand verbunden“, so Schreiner.
In der Diskussionsrunde wurden über verschiedene Ansatzpunkte zur Vereinfachung und Reduzierung des immer weiter zunehmenden verwaltungstechnischen Aufwandes gesprochen. Am Nachmittag wurden Einzelfragen zu den Vor-Ort-Kontrollen unter den spezifischen Verhältnissen des Tälerschwarzwaldes diskutiert. Dies fand auf dem Betrieb der Familie Schmieder in Fischerbach („Prinzbachhof“) statt, der mit seinen ausgeprägten Hang- und Steillagen dafür exemplarisch ist. Ulrich Müller und Eckhard Schmieder vom Badischen Landwirtschaftlichen Hauptverband und der Arbeitsgemeinschaft für Höhenlandwirtschaft wiesen auf den sehr hohen „bürotechnischen Aufwand“ hin, der sich mittlerweile aus der korrekten Umsetzung der jeweiligen Vorgaben der verschiedenen Förder- und Ausgleichsprogramme ergebe. Im Interesse der landwirtschaftlichen Betriebe, aber auch der Verwaltung, sollte alles daran gesetzt werden, die bereits bestehenden bürokratischen Hürden zu senken.
„Es war für mich ein erster wichtiger Erfahrungsaustausch. Ich habe viele Eindrücke, Informationen und Anregungen aus der Praxis erhalten, die in unsere Arbeit einfließen werden", resümierte Owen Jones, Referatsleiter der Generaldirektion Landwirtschaft.