Aufschlussreicher Vortrag zum Thema Alkohol- und Medikamentenkonsum im Alter
Was haben Depressionen, demenzielle Prozesse und Schlafstörungen mit Sucht und schädlichem Konsum zu tun? Dieser Frage ging der Kreisseniorenrat im Ortenaukreis e.V. in seiner jüngsten Sitzung am 23. Mai mit einem Vortrag von Dr. phil. Gabriele Jerger von der Suchtberatung Lahr (AGJ-Fachverband für Prävention und Rehabilitation in der Erzdiözese Freiburg e.V.) nach.
Fazit vorab: Mehr als ein Viertel der über Sechzigjährigen leiden an solchen Symptomen. Ursache ist der verringerte Wassergehalt und eine geringere Muskelmasse von älteren Menschen, was ein vermindertes Verteilungsvolumen und eine schnellere Vergiftung im Körper zur Folge hat. Die höchste Suizidrate haben bei älteren Menschen vorwiegend Männer. Abhängiger Konsum ist gegeben, wenn ein starker Wunsch nach alkoholischen Getränken besteht und daraus ein Zwang zum Konsum entsteht. Dies geht mit verminderter Kontrollfähigkeit und der Milderung von Entzugserscheinungen einher. Hierbei kommt es zu fortschreitender Vernachlässigung anderer Interessen.
Die Gesamtquote der Personen mit Alkoholproblemen liegt in der BRD bei 400.000 Menschen, wobei 26 Prozent der Männer und acht Prozent der Frauen über 60 Jahre sogar einen riskanten Alkoholkonsum vorweisen. Der Anteil alkoholkranker Personen in Alten- und Pflegeheimen liegt höher als der Anteil in Privathaushalten. Dies hat auch damit zu tun, dass bei Alkoholkranken der Beginn des Pflegeheimaufenthalts bereits bei 62 Jahren liegt, während er bei sonstigen Personen bei 78 Jahren liegt. Leider besteht ein Wissensdefizit in der Alten- und Suchthilfe und es findet keine intensive Vernetzung zwischen Ärzten und Einrichtungen zum Alkoholmissbrauch statt. Hier gibt es auch zu wenig altersspezifische Angebote in der ambulanten Suchthilfe. Primärärzte erkennen alkoholbezogene Störungen bei älteren Personen seltener, als sie dies bei jüngeren Zeitgenossen feststellen. Interventionen erfolgen daher noch seltener als bei jüngeren Menschen.
Bei Medikamenten und Psychopharmaka sind es zwischen fünf und zehn Prozent der über Sechzigjährigen, die einen problematischen Gebrauch vorweisen. Dabei steigen die Verordnungen solcher Medikamente im höheren Alter deutlich an. Es ist festzustellen, dass die Alkoholproblematik nicht hinreichend in die Betrachtung mit einbezogen wird und das Abhängigkeitspotenzial häufig negiert wird. Auch werden die Symptome der Abhängigkeit als Alterungsprozess fehlinterpretiert. Die Folge ist Abstumpfung, fehlende Selbstkritik und ein Kontrollverlust über die eingenommene Menge.
Wirksam sind beim Umgang mit Suchtkranken eine vertrauensvolle Beziehung und keine brüskierende Konfrontation. Behandlungserfolge sind bei älteren Personen ebenso gut, wie bei jüngeren. Jeden Mittwoch bietet die AGJ Lahr/Kehl von 14:30 bis 15:30 Uhr Gruppenberatungen zu diesen Themen an.