Neuer Kreistag: Landrat Frank Scherer verpflichtet 81 Kreisrätinnen und Kreisräte auf die gewissenhafte Erfüllung ihrer Amtspflichten
Mitglieder der beschließenden Ausschüsse festgelegt
Der neue Kreistag des Ortenaukreises hat seine Arbeit aufgenommen. Gestern fand im Großen Sitzungssaal des Landratsamts Ortenaukreis in Offenburg die konstituierende Sitzung statt. Landrat Frank Scherer verpflichtete als Vorsitzender des Kreisparlaments 81 Kreisrätinnen und Kreisräte auf die gewissenhafte Erfüllung ihrer Amtspflichten und dankte ihnen, dass sie sich zur Wahl stellten. „Ihr Einsatz und Ihr Engagement sind unverzichtbar für das Funktionieren unserer Demokratie und damit unseres Staates“, sagte Scherer, der vor der Vereidigung des neuen Ortenauer Parlaments den neuen Kreisrätinnen und Kreisräten in einem „kleinen Exkurs in das Staatsrecht“ verdeutlichte (Hinweis: die Rede im Wortlaut finden Sie am Ende dieser Mitteilung), welche große Bedeutung ihre ehrenamtliche Aufgabe als gewählte Kreistagsmitglieder habe und welche Verantwortung sie gegenüber dem Ortenaukreis und seinen Einwohnern tragen würden. „Es gibt kein imperatives Mandat, keinen Fraktionszwang und Sie haben im Kreistag auch nicht die Interessen Ihrer Herkunftsgemeinde zu vertreten. Hier sind Sie Ortenauerinnen und Ortenauer und nur dem Wohl des gesamten Kreises und dem aller seiner Einwohner verpflichtet“, machte Scherer deutlich und wünschte dem neuen Kreistag „eine erfolgreiche und konstruktive Zusammenarbeit voller Engagement, Innovationsfreude und der gemeinsamen Bestrebung, das Beste für unsere Bürgerinnen und Bürger zu erreichen“.
Bei der anschließenden Wahl der stellvertretenden Kreistagsvorsitzenden wurden Thorsten Erny (CDU) zum ersten Stellvertreter, Eberhard Roth (Freie Wähler) zum zweiten und Hans-Peter Kopp (SPD) zum dritten stellvertretenden Vorsitzenden bestimmt.
Die Kreisräte wählten danach die jeweils 24 Mitglieder der vier beschließenden Ausschüsse (Verwaltungsausschuss, Ausschuss für Umwelt und Technik, Sozialausschuss sowie Kultur- und Bildungsausschuss) sowie die Besetzung des Jugendhilfeausschusses. Ebenso bestimmten sie die Vertreter für beratende Unterausschüsse, Kommissionen und Beiräte wie etwa die Kommission „Neubau Landratsamt“ den Unterausschuss „Gesamtstrategie Ländlicher Raum“, die Nahverkehrskommission, den Aufsichtsrat der Schwarzwald Tourismus GmbH oder den Verwaltungsrat Ortenau Klinikum.
Beim anschließenden Sommerfest des Kreistags verabschiedete Landrat Scherer jene Kreistagsmitglieder, die dem neuen Kreistag nicht mehr angehören und ehrte langjährige Kreistagsmitglieder mit der Landkreismedaille in Bronze (für 20 Jahre Zugehörigkeit), Silber (30 Jahre) und Gold (40 Jahre). Als einziger mit Gold geehrte wurde Eberhard Roth (Freie Wähler), der bereits seit acht Amtsperioden dem Kreistag angehört und auch im neuen Kreistag vertreten ist. Die silberne Landkreismedaille für sechs Amtsperioden (30 Jahre) übergab Scherer an Karl Burger (Freie Wähler) und Klaus Muttach, die beide dem neuen Kreistag nicht mehr angehören. Die Bronzemedaille für 20 Jahre (vier Amtszeiten) erhielten Karl-Heinz Debacher (SPD, nicht im neuen Kreistag); Eberhard von Hodenberg (FDP), Klaus Jehle (CDU, nicht im neuen Kreistag); Rolf Mauch (Freie Wähler); Heinz Rith (CDU); Edith Schreiner (CDU, nicht im neuen Kreistag) und Toni Vetrano (CDU, nicht im neuen Kreistag).
Die Rede von Landrat Frank Scherer zur Verpflichtung der Kreistagsmitglieder im Wortlaut:
„An dieser Stelle möchte ich mich zunächst an Sie, sehr geehrte Damen und Herren wenden, die Sie in den Kreistag gewählt wurden und Ihnen danken dafür, dass Sie sich für die Wahlen haben aufstellen lassen und sich engagiert haben. Ihr Einsatz und Ihr Engagement sind unverzichtbar für das Funktionieren unserer Demokratie und damit unseres Staates.
Unser Grundgesetz, dessen 75-jähriges Jubiläum wir dieses Jahr feiern, legt die unabänderbaren verfassungsrechtlichen Grundlagen unseres republikanischen, demokratischen und sozialen Rechtsstaats fest. Dazu gehört auch die kommunale Selbstverwaltung, die ihre Wurzeln in den steinschen und hardenbergschen Reformen des frühen 19. Jahrhunderts hat. Schon diese beiden Staatsmänner hatten erkannt, dass eine starke und autonome kommunale Ebene notwendig ist, um den Staat effizient und bürgernah zu gestalten. Ihre Reformen legten den Grundstein für das, was wir heute als kommunale Demokratie kennen.
Deshalb muss das Volk nach Art. 28 Abs. 1 Satz 2 unseres Grundgesetzes auch in den Landkreisen eine Vertretung haben, die aus allgemeinen, unmittelbaren, freien, gleichen und geheimen Wahlen hervorgegangen ist.
Sie, meine Damen und Herren, werden heute diese, durch unsere Verfassung vorgegebene Volksvertretung durch die Konstituierung des Kreistags für die nächsten 5 Jahre neu bilden. Damit sind Sie neben dem Landrat das Hauptorgan des Landkreises. Sie verkörpern dann einen historischen Kernbestandteil des deutschen Staatsrechts, die kommunale Selbstverwaltung, wonach der Staat durch die demokratische Mitwirkung der Bürger vor Ort von „innen“ heraus bzw. von „unten“ lebendig gestaltet werden soll.
Deshalb regelt Art. 28 Abs. 2 GG als Fundamentalnorm unseres Staates, dass neben Städten und Gemeinden auch Landkreise im Rahmen ihres gesetzlichen Aufgabenbereichs das Recht der Selbstverhaltung haben. Schon dieser kleine Exkurs in das Staatsrecht verdeutlicht, welche große Bedeutung Ihre ehrenamtliche Aufgabe als gewählte Kreistagsmitglieder hat und welche Verantwortung Sie tragen werden, gegenüber dem Ortenaukreis als solchem und seinen Einwohnern.
Vor diesem Hintergrund müssen Sie natürlich im Rahmen der Gesetze entscheiden. In diesem gesetzlichen Rahmen haben Sie gemäß der Landkreisordnung jedoch allein nach Ihrer freien, nur durch das öffentliche Wohl bestimmten Überzeugung zu entscheiden. An Verpflichtungen und Aufträge, durch die diese Freiheit beschränkt wird, sind Sie nicht gebunden. D.h. es gibt kein imperatives Mandat, keinen Fraktionszwang und Sie haben im Kreistag auch nicht die Interessen Ihrer Herkunftsgemeinde zu vertreten. Hier sind Sie Ortenauerinnen und Ortenauer und nur dem Wohl des gesamten Kreises und dem aller seiner Einwohner verpflichtet.
Unsere Gesellschaft steht aktuell vor zahlreichen Herausforderungen und es liegt nun in Ihrer Verantwortung, Lösungen für den Ortenaukreis zu finden, die nachhaltig und zukunftsorientiert sind. Erfolgreiche Kommunalpolitik basiert auf Zusammenarbeit und sachorientiertem Dialog. Deshalb ist es unerlässlich, dass in einem Kreistag parteiübergreifend zusammengearbeitet wird und der offene Austausch geschieht. Unterschiedliche Meinungen und Ansichten sind ein Zeichen lebendiger Demokratie und sollten als Bereicherung betrachtet werden.
In diesem Sinne wünsche ich Ihnen für die kommenden Jahre eine erfolgreiche und konstruktive Zusammenarbeit voller Engagement, Innovationsfreude und der gemeinsamen Bestrebung, das Beste für unsere Bürgerinnen und Bürger zu erreichen.
Danke für die Aufmerksamkeit. Ich darf Sie jetzt bitten sich zu erheben, damit ich Sie auf Ihre Amtspflichten verpflichten kann.“