Delegation aus bulgarischer Partnerregion machte Station in der Ortenau
Auf Einladung von Landrat Frank Scherer besuchte eine von Gouverneur Momchil Stankov angeführte Delegation der bulgarischen Partnerregion Vidin vom 2. bis 6. Juli 2016 den Ortenaukreis. Es war der vierte Besuch von Vertretern aus Vidin in der Ortenau. Mitglieder der 15-köpfigen Delegation waren Bürgermeister und Vertreter aus Verwaltung, Wirtschaft, Forst und Tourismus. Im Mittelpunkt des Besuchsprogramms standen gemeinsame Themen wie berufliche Bildung, Tourismus, nachhaltige Forstwirtschaft sowie Regional- und Direktvermarktung landwirtschaftlicher Produkte. „Es war ein informativer und effektiver Austausch. Gouverneur Stankov und ich haben uns darauf verständigt, die Kreispartnerschaft weiter zu intensivieren. Ich freue mich, dass angestoßene Projekte erste Früchte tragen“, sagte Landrat Frank Scherer.
Anfang März waren mit Ewald Elsäßer, dem langjährigen Leiter des Amts für Waldwirtschaft im Ortenaukreis und Peter Schmiederer, Leiter des forsttechnischen Stützpunktes Allerheiligen, zwei ausgewiesene Ortenauer Forstexperten in Vidin vor Ort, um sich ein Bild des Waldzustandes in den Gemeinden Chuprene und Belogradchik zu machen. Ein Gutachten, das eine Wegekonzeption beinhaltet sowie notwendige Maßnahmen zur Beseitigung der Schäden und zur Wiederbewaldung der Schadflächen behandelt, liegt nun vor. Vanyo Kostin, Bürgermeister der Gemeinde Chuprene in Vidin, ist stark an einer Umsetzung interessiert. „Wir möchten Pilotgemeinde werden“, sagte Delegationsmitglied Kostin während der Waldexkursion in Gengenbach am Dienstagnachmittag. Ob die Maßnahmen umgesetzt werden können, hänge davon ab, ob und im welchem Umfang dafür „Leader“-Mittel bereitgestellt werden, so Kostin. Das Forstprojekt ist Teil des zwischen dem Ortenaukreis und der Region Vidin beschlossenen Arbeitsprogramms der Gemischten Regierungskommission Baden-Württemberg-Bulgarien und wird vom Land Baden-Württemberg im Rahmen der EU-Strategie für den Donauraum gefördert.
Am Montag lag der Schwerpunkt auf dem Thema Tourismus. Geschäftsführerin Margit Langer ließ die bulgarischen Besucher hinter die Kulissen des Schwarzwälder Freilichtmuseums Vogtsbauernhof blicken und erläuterte die kulturelle Bedeutung des Museums in der Region. Sandra Bequier, Tourismusbeauftragte des Ortenaukreises, informierte zur geplanten Kooperation mit Tourismusbeauftragten aus Vidin. „Wir organisieren derzeit eine Info-Reise mit deutschen Reiseveranstaltern nach Vidin mit dem Ziel, dass die touristische Region dort verstärkt in die deutschen Reiseprogramme aufgenommen wird. Die Region bietet großes Potenzial für Aktiv-Urlaube sowie Wein- und Kulturtourismus“, so Bequier.
Nachmittags besichtigte die Gruppe die Produktionsstätten der Dorotheenhütte in Wolfach. Geschäftsführer Ralf Müller erhellte die Geschichte der letzten aktiven Mundblashütte des Schwarzwalds. Glasschleifer und Glasgraveure stellten ihre Arbeiten vor, dann durften die Gäste aus Bulgarien selbst eine eigene Vase blasen.
Tags zuvor nahm bereits die Folkloretruppe „Dunav“ aus Vidin am 38. Kreistrachtenfest in Ottenhöfen teil. Landrat Scherer hatte sich für den Auftritt stark gemacht. „Ich freue mich sehr, dass es mit der Teilnahme geklappt hat. Seit über 45 Jahren hält das Ensemble die Traditionen ihrer Region lebendig. Mit ihren aufwändig bestickten Gewändern und ihren traditionellen Tänzen haben sie zum farbenfrohen Bild in Ottenhöfen sehenswert beigetragen“, so der Landrat.
Am Dienstagvormittag wurde das Thema berufliche Bildung beim Besuch der Gewerblichen Schulen in Offenburg beleuchtet. Schulleiterin Monika Burgmaier stellte die Schule und das berufliche Bildungssystems vor. Die Vertretung aus Vidin besichtigte den Unterricht in einer Metallbau-Berufsschulklasse und kam mit Schülern einer VABO-Klasse ins Gespräch, die durch intensiven Sprachunterricht gezielt auf den Einstieg in die Berufs- und Arbeitswelt in Deutschland vorbereitet werden. Am Nachmittag stand die Waldexkursion in Gengenbach an und eine Besichtigung des Sägewerks Echtle in Nordrach.
Seit 2013 gibt es das Qualifizierungsprogramm Ortenau-Vidin „Jugend ohne Grenzen – unsere gemeinsame Zukunft“. Damit soll den von hoher Jugendarbeitslosigkeit in Bulgarien bedrohten jungen Menschen in der Ortenau über Praktika die Möglichkeiten einer dualen Ausbildung aufzuzeigen. Am Dienstagabend konnten sich die Teilnehmer von dem Erfolg des Programms direkt überzeugen. Andrea Petrova war 2013 eine der ersten Praktikantinnen aus Vidin – im September letzten Jahres hat sie eine Ausbildung zur Restaurantfachfrau im 4-Sterne Superior Hotel „Colosseo“ des Europa-Park Hotel Resorts begonnen. Genau dort wurde die Delegation am Dienstagabend von Europa-Park-Geschäftsführer Jürgen Mack empfangen. „Es ist toll, dass Andrea Petrova diese Chance bekommen hat und dass sie sie auch nutzt. Das zeigt, dass unser Qualifizierungsprogramm ein Türöffner sein kann. Ich danke dem Europa-Park für sein Engagement. Hier arbeiten schon sehr lange und sehr erfolgreich Menschen aus verschiedensten Nationen zusammen, der Europa-Park lebt den europäischen Gedanken vorbildlich“, so Landrat Scherer. Kommenden Montag (11. Juli) startet das Qualifizierungsprogramm Ortenau-Vidin in die nächste Runde. Dann werden acht Jugendliche aus der Region Vidin ihr vierwöchiges Praktikum bei Ortenauer Unternehmen beginnen.
Den Abschluss des Begegnungsprogramms bildete am Mittwoch eine Besichtigung des Obstgroßmarkt Oberkirch, bei dem sich die bulgarischen Gäste über die Vermarktung von regionalen Produkten informierten.