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Datum: 19.12.2019

Kreistag beschließt politische Leitlinien für die Mobilität im Ortenaukreis

Der Kreistag hat gestern mit großer Mehrheit politische Leitlinien für die Mobilität im Ortenaukreis beschlossen. Danach soll die Mobilität aller Bevölkerungsschichten und der Wirtschaft im Ortenaukreis grundsätzlich in umweltverträglicher und klimagerechter Weise gewährleistet sein. Ziele sind etwa ein ausgebautes und für alle attraktives ÖPNV- und Mobilitätsangebot inklusive neuer Angebote wie Car-Sharing, Leihfahrrad, Rufauto, Bürgerbus. Dabei will der Ortenaukreis für seine Bürgerinnen und Bürger sowie Unternehmen ein Landkreis der kurzen Wege sein.

„Damit die Ortenau als Wirtschafts- und Bildungsstandort, Lebensraum und Tourismusziel weiterhin attraktiv bleibt, ist es wichtig, die Verkehrsinfrastruktur im ganzen Ortenaukreis nachhaltig zu vernetzen und zu stärken“, so Landrat Frank Scherer. Der Kreis müsse laut Scherer vor allem ein lückenloses, attraktives und nutzerfreundliches öffentliches Personennahverkehrsnetz schaffen, das eine echte Alternative zum Individualverkehr darstellt. Der öffentliche Nahverkehr dürfe nicht nur eine ökologischere, er müsse auch eine ökonomischere, ja effizientere Alternative werden. „Ich freue mich, dass der Ortenauer Kreistag mit großer Mehrheit ein Leitbild für unsere Mobilität der Zukunft erarbeitet und  beschlossen hat, auf das wir konkret hinarbeiten können“, so der Landrat.

Raum-, Siedlungs- und Verkehrsplanung sollen überörtlich eng aufeinander abgestimmt werden, um unnötigen Verkehr von vornherein zu vermeiden. Das Verkehrsnetz mit Straßen, Radwegen und Schienen soll optimal und mit der jeweils bestmöglichen Lösung in Hinblick auf ökologische Faktoren, Ressourcenverbrauch, insbesondere Flächenverbrauch, und Effizienz entwickelt werden. Die wichtigen Nord-Süd und Ost-West-Achsen im Ortenaukreis sollen leistungsfähig ausgebaut und gleichzeitig die Belastungen in den Ortsdurchfahrten verringert werden.

Der erste Entwurf des Leitbilds hatte die Nahverkehrskommission, die aus Kreistagsmitgliedern des Ausschusses für Umwelt und Technik besteht, im Mai 2019 dem Ausschuss vorgelegt. Nach weiterer Konkretisierung durch die Nahverkehrskommission und Verkehrsexperten der Großen Kreisstädte wurde dem Kreistag folgende nun beschlossene Fassung der Leitlinien vorgelegt:

 

Politische Leitlinien für die Mobilität im Ortenaukreis

 

Präambel

Wohnen, Arbeiten, Bildung und Erholung sind menschliche Grundbedürfnisse, die oft nur erfüllt werden können, wenn räumliche Distanzen überwunden werden, Menschen also mobil sind. Die Art und Weise, wie Mobilität organisiert wird, kann aber auch die Befriedigung menschlicher Grundbedürfnisse nach Gesundheit und Erhalt der natürlichen Lebensgrundlagen gefährden. Wie wir Mobilität organisieren, bestimmt daher die Zukunft jeder einzelnen Bürgerin und jedes einzelnen Bürgers des Ortenaukreises grundlegend und umfasst alle Ebenen der Gesellschaft. Daher muss eine nachhaltige Mobilitätsperspektive für die Bürgerinnen und Bürger sowie die Unternehmen des Ortenaukreises geschaffen werden. Aus dem vorliegenden Leitbild heraus sollen Indikatoren benannt und Ziele (spezifisch, messbar, attraktiv, realistisch, terminiert) entwickelt werden, anhand derer die Umsetzung dieses Leitbildes überprüft werden kann.

 

Unsere Leitsätze im und für den Ortenaukreis

• Die Mobilität aller Bevölkerungsschichten und der Wirtschaft ist im Ortenaukreis in umweltverträglicher und klimagerechter Weise gewährleistet.

• Der ÖPNV steht im gesamten Ortenaukreis im Rahmen eines integrierten Gesamtverkehrssystems als eine vollwertige Alternative zum motorisierten Individualverkehr zur Verfügung und ist damit (unabhängig von Verkehrs- und Kostenträger) wesentlicher Baustein des Verkehrssystems in der Ortenau. Die Antwort auf steigende Mobilitätsbedarfe ist nicht „Mehr Verkehr“: Das ÖPNV- und Mobilitätsangebot ist auszubauen und für alle Bevölkerungsgruppen attraktiv zu gestalten. Neue Mobilitätsangebote (Car-Sharing, Leihfahrrad, Rufauto, Bürgerbus, etc.) werden dabei gleichermaßen Bausteine des Ortenauer Verkehrssystems. Übergänge zwischen den einzelnen Verkehrsmitteln dürfen keinen Attraktivitätsverlust darstellen. Diese Mobilitätsangebote sind so attraktiv, dass jeder sie nutzen möchte und dem motorisierten Individualverkehr vorzieht. Dadurch sind attraktive Mobilitätsangebote die bessere Alternative (funktional und wirtschaftlich; aus Nutzersicht) zum eigenen Pkw (motorisierter Individualverkehr), auch im ländlichen Raum.

• Der ÖPNV ist angebotsorientiert gestaltet und zu einem integrierten Gesamtverkehrssystem weiterentwickelt. Das Angebot ist erhöht, bedarfsgerecht und flexibel weiterentwickelt. Ziel ist die Schaffung gleichwertiger Lebensverhältnisse im Kreis, auch hinsichtlich der Mobilitätsangebote.

• Raum-, Siedlungs- und Verkehrsplanung werden deshalb überörtlich eng verzahnt und aufeinander abgestimmt, um unnötigen Verkehr von vornherein zu vermeiden. Der Ortenaukreis ist für seine Bürgerinnen und Bürger sowie Unternehmen ein Landkreis der kurzen Wege.

• Übergänge zwischen den Verkehrsmitteln des ÖPNV, SPNV, Fernverkehr und Individualverkehr sind in ausreichender Menge vorhanden. Auch sind die Mobilitätsangebote im Ortenaukreis mit den Nachbarkreisen und Frankreich verkehrsträgerübergreifend sehr gut aufeinander abgestimmt und miteinander vernetzt.

• Art und Häufigkeit der Bedienung sind am Bedarf orientiert und flexibel den verschiedenen Situationen angepasst. Der ÖPNV bietet damit für sich ändernde Bedürfnisse passende Mobilitätsangebote und ist angebotsorientiert. Das System stellt für besondere Ereignisse und Veranstaltungen ein höheres Mobilitätsangebot zur Verfügung.

• Alternative Bedienungsformen wie das Anrufsammeltaxi, das Rufauto, das Fifty-Fifty-Taxi und der Bürgerbus ergänzen das ÖPNV Angebot und sind flächendeckend im Ortenaukreis ausgebaut.

• Das ÖPNV-System ist barrierefrei.

• Digitale und analoge Informationssysteme stehen in ausreichender Menge nach dem Stand der Technik zur Verfügung.

• Verkehrsbedingte Emissionen sind reduziert, auch durch geringere Fahrzeugzahlen (in einer gesamtheitlichen Betrachtung, keine bloße Verdrängung).

• Der Anteil alternativer (zum klassischen Verbrennungsmotor) Antriebsformen und des autonomen Fahrens ist erhöht. Verkehrs- und Mobilitätsressourcen werden wo möglich gemeinschaftlich und ressourcenschonend genutzt.

• Individuelle Verkehrsmittel wie Fahrräder und Pedelecs sind in der Region gestärkt und spielen sowohl in der Alltagsmobilität als auch im Tourismus eine wichtige Rolle.

• Zur Förderung des Fußgänger- und Radverkehrs ist das Wegenetz angebotsorientiert und verkehrssicher ausgebaut, es stehen durchgehende Wege und sichere Querungsmöglichkeiten zur Verfügung.

• Die Verkehrssicherheit ist gewährleistet und insbesondere für Fußgänger und Radfahrer durch eine attraktive Infrastruktur erhöht. Die Unfallzahlen sind abgesenkt.

• Das Verkehrsnetz ist so entwickelt, dass es seiner Funktion optimal gerecht wird. Dies umfasst sowohl den Aus- als auch den Rückbau von Straßen, dem Rad- und Schienennetz. Dabei erfolgt die Verkehrsnetzentwicklung mit der jeweils bestmöglichen Lösung in Hinblick auf ökologische Faktoren, Ressourcenverbrauch (insbesondere Flächenverbrauch) und Effizienz als Maßstab.

• Die wichtigen Nord-Süd und Ost-West-Achsen im Ortenaukreis sind leistungsfähig ausgebaut und gleichzeitig sind die Belastungen in den Ortsdurchfahrten verringert.

• Die zügige Erreichbarkeit der Ziele für Personen und Güter ist gewährleistet.

• Die Engpässe im Infrastrukturnetz sind reduziert. Infrastrukturentwicklung erfolgt unter Einbeziehung raum- und siedlungsstruktureller Parameter und erkennt neue Verkehrserzeuger und Verkehrsquellen rechtzeitig. Es wird dafür Sorge getragen, dass für die unterschiedlichen Verkehrsträger ein sicheres und angebotsorientiertes Abstell- und Ladenetz geschaffen wird (v.a. mit Fokus auf E-Mobilität und die Förderung des Radverkehrs).