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Datum: 03.12.2019

Bundesteilhabegesetz: Ortenaukreis und Behindertenhilfe appellieren an Landesregierung

Bisherige Mittel seien unzureichend

Das Bundesteilhabegesetz (BTHG) wird zum 1. Januar 2020 in seiner dritten Stufe in Kraft treten. „Es bildet den Rahmen für die Weiterentwicklung der Behindertenhilfe, die sich elementar verändern wird“, informiert Sozialdezernent Georg Benz vom Landratsamt Ortenaukreis. Mit dem Gesetzespaket werden mehr Möglichkeiten der Teilhabe und mehr Selbstbestimmung für Menschen mit Behinderungen geschaffen. „Konkret wird vor allem die Trennung zwischen den ambulanten und der stationären Hilfen aufgehoben und in jedem Einzelfall eine personenzentrierte Bedarfsfeststellung getroffen, die den Förder-, Unterstützungs- und Teilhabebedarf jedes Einzelnen abbilden soll. Dies ist die Aufgabe des Ortenaukreises als Träger der Eingliederungshilfe“, erläutert Benz. Um diese Leistungsansprüche zeitnah erfüllen zu können, müssen zusätzliche Stellen geschaffen werden. Auch wird im Landratsamt mit einem erheblichen Zuwachs an Leistungsausgaben gerechnet.

Veränderungen kommen auch auf die Leistungserbringer zu, die Hilfe und Unterstützungsangebote vorhalten und erbringen. Ihre Dienstleistungen müssten an die neuen gesetzlichen Rahmenbedingungen angepasst werden, hinzu käme ein erheblicher zusätzlicher Verwaltungsaufwand. Für beide Bereiche gäbe es bisher nur eine unzureichende Bereitschaft des Landes Baden-Württemberg, einen Kostenausgleich anzubieten, obwohl es nach der Landesverfassung im Rahmen der Konnexität dazu verpflichtet wäre, so Benz.  Landesweit gehe man aktuell davon aus, dass alleine bei den Einrichtungen einmalige Umstellungsaufwendungen von über 17 Millionen Euro entstehen werden. Daneben werde mit zusätzlichen jährlichen Belastungen gerechnet.

Die Stadt- und Landkreise als Eingliederungshilfeträger in Baden-Württemberg gehen von steigenden Kosten aus, die bis 2022 auf 150 Millionen Euro jährlich anwachsen werden.

„Es ist deshalb völlig unverständlich und nicht im Interesse der Menschen mit Behinderung, wenn das Land die Eingliederungshilfeträger nicht ausreichend finanziell unterstützt und damit seiner gesetzlichen Verpflichtung nicht nachkommt. Das ist nicht nachzuvollziehen, zumal es ja auch einen großen Wert auf landesweit einheitliche Standards legt und hohe Anforderungen an das Bedarfsbemessungssystem stellt“, prangert Sozialdezernent Benz an. Mit aktuell rund 75 Millionen Euro Leistungsaufwand für 2019 binde die Behindertenhilfe bereits einen erheblichen Teil des Kreishaushalts im Ortenaukreis.     

Seite an Seite mit der Arbeitsgemeinschaft der Behindertenhilfe im Ortenaukreis e.V. (AGBO) als Verbund vieler Leistungserbringer, arbeite der Ortenaukreis unter hohem Zeitdruck daran, die gesetzlichen Anforderungen des BTHG zum 1. Januar 2020 zu realisieren. „Die in der AGBO zusammengeschlossenen Anbieter von Hilfen für Menschen mit Behinderung begrüßen das BTHG und wollen dessen Umsetzung bestmöglich unterstützen. Hierfür ist ein erheblicher Aufwand zu betreiben. Nun müssen den politischen Vorgaben auch die dafür nötigen Ressourcen folgen“, fordert  Frank Stefan, stellvertretender Vorsitzender der AGBO.

Es sei das erklärte Ziel von AGBO und dem Ortenaukreis, die dritte Stufe des BTHG bestmöglich umzusetzen, um Menschen mit Behinderungen die beabsichtigten Verbesserungen zukommen zu lassen. Die dafür bislang im Haushalt des Landes eingestellten Beträge von 15 Millionen Euro (2020) und 11 Millionen EUR (2021) würden keinesfalls dafür ausreichen. „Wir appellieren an die Landesregierung, nicht nur eine Rücklage zur Risikoversorgung zu bilden, sondern jetzt die notwendige finanzielle Unterstützung verbindlich zu versichern, die nötig ist, um den zusätzlich entstehenden Personal- und Leistungsaufwand abzudecken“, betonen Benz und Stefan. „Uns geht es vor allem darum, für die Zukunft eine tragfähige und verlässliche Unterstützung des Landes zu erhalten, über die sichergestellt werden kann, dass die Ziele des BTHG im Interesse der Menschen mit Behinderung auch erreicht werden können“, so der Sozialdezernent.