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Datum: 07.03.2023

Breitbandausbau: Neue Förderbedingungen des Bundesministeriums für Digitales und Verkehr bringen Verzögerungen im Ortenaukreis

Landrat Scherer: „Das schadet uns und ist fatal für die Zukunfts- und Wettbewerbsfähigkeit unseres Landes“

Vergangenen Oktober hat der Bund seine Gigabit-Förderung für schnelles Internet wegen fehlenden Geldes vorzeitig eingestellt. Laut dem Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV) waren alle Finanzmittel für das Jahr 2022 vollständig ausgeschöpft. Insgesamt hatte der Bund drei Milliarden Euro als Fördersumme bereitgestellt. Es folgte eine breite Welle an Protesten, auch Landrat Frank Scherer reagierte mit Fassungslosigkeit und kritisierte den Förderstopp als eine „völlig unverständliche Entscheidung mit katastrophalen Folgen für den Ortenaukreis“. Nun hat das Digitalministerium bekannt gegeben, dass zum 1. April das Programm des Bundes für den Glasfaserausbau mit einer neuen Förderkulisse wiederaufgenommen wird – mit negativen Auswirkungen für den Ortenaukreis. „Unsere massive Kritik am Förderstopp und der Aufruf, die alte Förderkulisse wieder zu öffnen, sind leider verhallt“, kritisierte Landrat Frank Scherer am Montagnachmittag während eines Pressegesprächs im Nachgang zur außerordentlichen Aufsichtsratssitzung der Breitband Ortenau GmbH & Co. KG.

Das neuverfasste Förderregime gestalte den staatlich geförderten Breitbandausbau deutlich bürokratischer als bisher. Das bedeute für zahlreiche Städte und Gemeinden in der Ortenau mehr finanziellen und zeitlichen Aufwand. „Unsere Planungen für den Ortenaukreis werden voraussichtlich bis zu zwei Jahre nach hinten geworfen, das ist fatal und ärgert mich maßlos“, machte Aufsichtsratsvorsitzender Scherer seinem Unmut Luft. Das Länderbudget, das der Bund für Baden-Württemberg im Jahr 2023 vorsehen möchte, liege bei 320 Millionen Euro und somit nur rund bei der Hälfte des Betrags, der im Jahr 2022 zur Verfügung gestanden habe. „Die neue Förderkulisse ist auch ein völlig falsches Signal für die Zukunfts- und Wettbewerbsfähigkeit unseres Landes. Ich halte dies für eine falsche Prioritätensetzung der Bundesregierung, die dem Standort Deutschland zusätzlich zu den aktuellen wirtschaftlichen Herausforderungen schadet. Für das Vertrauen der Bevölkerung und der Wirtschaft in die Resilienz unseres Staates bedeutet dies einen harten Rückschlag“, sagte der Landrat.

Aufgrund der neuen Bedingungen werde das ursprüngliche Ziel, bis 2025 jeden Haushalt, jede Bildungseinrichtung und jedes Unternehmen mit mindestens 100 Megabit zu versorgen, voraussichtlich um bis zu zwei Jahre auf 2027 nach hinten verschoben. Auch das Vorhaben, bis 2026 rund 70 Prozent aller Gebäude unabhängig von ihrer bisherigen Versorgung mit Glasfaser auszustatten, werde vermutlich erst 2027 erreicht.

In einem jüngst veröffentlichten Eckpunktepapier skizziert das Bundesministerium für Digitales und Verkehr die Grundlagen, wie in Zukunft der Ausbau des Glasfasernetzes in unwirtschaftlichen Regionen gefördert werden soll. Vorgesehen ist neben der Notwendigkeit der Durchführung eines erneuten Markterkundungsverfahrens auch eine Priorisierung der Vorhaben nach den Kriterien „Nachholbedarf“, „Synergienutzung“, „Digitale Teilhabe“ sowie „Interkommunale Zusammenarbeit“. „Erreichen die Vorhaben eine bestimmte Punktezahl, können die Förderanträge sofort beschieden werden“, erläuterte der Geschäftsführer der Breitband Ortenau Josef Glöckl-Frohnholzer und fügte an: „Nach unserer vorläufigen Ermittlung könnte dies für 13 Kommunen in der Ortenau gelingen. In vielen weiteren Städten und Gemeinden muss jedoch damit gerechnet werden, dass mehrere Förderaufrufe notwendig sein werden, um einen Förderbescheid zu bekommen.“ Die Breitband Ortenau werde, so Geschäftsführer Glöckl-Frohnholzer, die Kommunen bei der schnellstmöglichen Beantragung der Fördergelder weiterhin optimal unterstützen.

„Im Ortenaukreis setzen wir mit unserer Breitband Ortenau GmbH & Co. KG auf ein etabliertes hybrides Ausbaumodell. Damit können geförderter und eigenwirtschaftlicher Ausbau sehr effizient miteinander kombiniert werden – also genau das, was der Fördermittelgeber mit seiner neuen Förderkulisse eigentlich erreichen möchte. Wir antizipieren bereits den Gedanken der Priorisierung der Fördermittel. Wir kennen den Markt und Bereiche, in denen ein eigenwirtschaftlicher Ausbau vorgenommen wird und lenken Fördermittel daher schon jetzt nicht dorthin, wo bereits eine gute Versorgung gegeben ist“, stellt Scherer klar. Dennoch seien neue Markterkundungen erforderlich, obwohl man die Partner im hybriden Ausbau längst kenne. Auch könnten eigentlich geplante Mitverlegungen von Leerrohren für den geförderten Bereich beim Ausbau des eigenwirtschaftlichen Bereichs nicht erfolgen, weil nicht sicher gestellt werden könne, dass der Förderantrag zeitnah bewilligt werde und eine vorzeitige Verlegung förderschädlich wäre, also nachträglich nicht bezuschusst werden. „In der Konsequenz müssen Straßen jetzt mehrfach aufgerissen werden, das können wir den Ortenauerinnen und Ortenauern nicht mehr vermitteln“, so Scherer weiter.

Auch der Lahrer Oberbürgermeister und Aufsichtsratsmitglied Markus Ibert führte aus, dass die neue Förderkulisse eine Behinderung des Breitbandausbaus für die Großen Kreisstädte in der Ortenau darstelle: „Der eigenwirtschaftliche Ausbau wurde bereits initiiert, doch die Unplanbarkeit der Förderung erschwert es, Synergien im Sinne des hybriden Ausbaus zu nutzen. Ohne Förderbescheid etwa können wir in Lahr, wenn die Deutsche Glasfaser wie geplant ausbaut, keine Leerrohre für den geförderten Ausbau mitverlegen.“

Klaus Muttach, stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender und Oberbürgermeister von Achern, betonte, dass kreisweit die Potenziale am Markt und der Kommunen optimal aufeinander abgestimmt waren. Dass nun Synergien zerstört würden und die vielversprechende Planung des Kreises alle Gebäude bis Ende 2025 mit schnellem Internet versorgt zu haben, derart untergraben werde, bedauert er sehr.