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Datum: 09.09.2019

Amtsvormund und Amtspfleger tragen Verantwortung für aktuell 254 Kinder und Jugendliche im Ortenaukreis

Im Jugendamt des Landratsamts Ortenaukreis kümmern sich hauptamtliche Verwaltungsfachkräfte und Sozialpädagogen aktuell um 254 Kinder und Jugendliche, deren Eltern vom Gericht das elterliche Sorgerecht entzogen wurde, davon 38 junge Menschen, die als unbegleitete minderjährige Ausländer allein in den Ortenaukreis eingereist sind.         

„Eltern können in Situationen kommen, in denen sie nicht mehr in der Lage sind, Verantwortung für ihre Kinder zu übernehmen“, erklärt Ingrid Oswald, Leiterin des Bereichs Verwaltung beim Jugendamt. „Das Familiengericht entscheidet, ob die elterliche Sorge bei den Eltern bleiben kann oder nicht“. Ist das Wohl des Kindes gefährdet, trifft das Gericht angemessene und geeignete Maßnahmen zur Abwendung der Gefahr. Muss nach Einschätzung des Gerichts die gesamte elterliche Sorge entzogen werden, wird für das Kind Vormundschaft angeordnet.

Dies gilt etwa, wenn Kinder oder Jugendliche aus dem Ausland ohne Eltern nach Deutschland einreisen, etwa wenn sie auf der Flucht von ihren Familien getrennt wurden.

In diesem Fall ruht die elterliche Sorge. Der Vormund wird dann für die gesamte Lebenssituation und -planung des Kindes oder Jugendlichen verantwortlich.

Vormundschaft tritt auch ein, wenn die Mutter minderjährig ist oder die Eltern sich an einem unbekannten Ort befinden, inhaftiert oder schwer erkrankt sind oder auch im Todesfall der Sorgeberechtigten.

Werden Teile der elterlichen Sorge entzogen, handelt es sich um eine Pflegschaft. Der Amtspfleger beim Jugendamt ist dann für die übertragenen Teilbereiche verantwortlich. Hierzu gehört insbesondere die Suche eines kontinuierlichen, dem Wohl des Kindes entsprechenden Lebensmittelpunktes. Gefährden Eltern das Vermögen des Kindes, genügt es, wenn die Vermögenssorge auf den Pfleger übertragen wird. Verweigern Eltern ihrem Kind eine ärztlich notwendige Behandlung oder Operation, kann das Gericht die Gesundheitsfürsorge auf das Jugendamt übertragen. Die Einwilligung zu ärztlichen Eingriffen gehört genauso zu den Aufgaben eines Vormunds oder Pflegers wie der Abschluss von Ausbildungsverträgen, die Regelung von ausländerrechtlichen Angelegenheiten, die Klärung der Krankenversicherung oder die Regelung von Erbschaftsangelegenheiten.

Als Ergänzungspfleger entscheiden die Fachleute der Abteilung Vormundschaften/Pflegschaften auch darüber, ob der Minderjährige, das “Mündel“, als Zeuge in einem Strafverfahren aussagt oder vom Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch macht, etwa wenn Kinder im Strafverfahren wegen Misshandlung oder Missbrauch aussagen sollen.

Um gute Entscheidungen für das Kind oder den Jugendlichen treffen zu können, suchen die Mitarbeitenden des Jugendamts mindestens einmal im Monat den persönlichen Kontakt mit ihren Mündeln in ihrer häuslichen Umgebung, etwa bei den Pflegeeltern oder in der Jugendhilfeeinrichtung. Der monatliche Kontakt zwischen Mündel und Vormund ist gesetzlich vorgeschrieben und wird durch die Gerichte kontrolliert. „Oft finden jedoch Besuche häufiger statt, immer dann, wenn es die Situation der Kinder und Jugendlichen erfordert. Für den Amtsvormund sind die Kontakte sehr wichtig, um zu sehen, wie es dem Mündel geht und um ein Vertrauensverhältnis aufzubauen. Denn auf dem Hintergrund der persönlichen Kontakte trifft der Vormund seine Entscheidungen für das Kind“, so Oswald. Selbstverständlich gebe es darüber hinaus einen engen Austausch mit den Kommunalen Sozialen Diensten, den Jugendhilfeeinrichtungen und Pflegefamilien, den Kindergärten und Schulen, den Gerichten, der Staatsanwaltschaft und der Polizei.

„Neben einem hohen Verantwortungsbewusstsein benötigt ein Amtsvormund viel Einfühlungs- aber auch Durchsetzungsvermögen, außerdem viele Kenntnisse in den unterschiedlichsten Rechtsgebieten“, betont Oswald.

Für Monika Delfosse, Leiterin des Sachgebiets Vormundschaften/Pflegschaften, ist diese Tätigkeit persönlich bereichernd und herausfordernd zugleich: „Als Vormund muss man belastbar sein und viele Situationen aushalten können. Aber man bekommt viel Positives zurück.“

Die Vormundschaft endet spätestens mit Volljährigkeit des Mündels. Der Vormund sei, so Delfosse, oft eine konstante Bezugsperson im Leben der jungen Menschen. Dies zeige sich etwa dann, wenn ein junger Mann sich am Tag der Geburt seines ersten Kindes bei seinem früheren Vormund meldet, um ihm ein Bild von sich und seinem Baby zu schicken. Oder wenn sich eine 19jährige bei ihrer Amtspflegerin bedankt, weil sie immer für sie da war, auch wenn sie manchmal etwas streng gewesen sei.

 

Woher kommt das Wort „Vormund“ und „Mündel“?

Der Begriff „Vormund“ stammt aus der Zeit, als die meisten Menschen in Deutschland noch auf Bauernhöfen lebten. Damals war der Hausherr, dem der Hof gehörte, dazu verpflichtet, die Personen in seiner Familie und auf seinem Hof zu schützen und zu versorgen. Außerdem gehörte es zu seinen Aufgaben, Streit unter ihnen zu schlichten und sie in Rechtssachen zu vertreten. Diese Pflicht des Hausherrn nannte man früher die „Munt“. Die Menschen, die dem Hausherrn anvertraut waren, nannte man „Muntlinge“. Bis heute spricht man deshalb vom „Vormund“, wenn jemand diese Aufgabe anstatt der Eltern für ein Kind, das „Mündel“, übernimmt.