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Datum: 11.02.2021

Weitere nächtliche Ausgangsbeschränkungen im Ortenaukreis nicht erforderlich

Zwar liegt der 7-Tage-Inzidenzwert im Ortenaukreis zurzeit (Stand: 10.02.2021, 16 Uhr, Tagesbericht LGA) noch bei 79,1 und damit über der Eingriffsschwelle von 50 Neuansteckungen. Dennoch ist nach der Außervollzugsetzung der landesweiten Ausgangssperre durch den Beschluss des VGH Mannheim vom 5. Februar 2021 (Az. 1 S 321/21) und der Aufhebung der entsprechenden Vorschrift durch die Landesregierung durch Änderung der Corona-Verordnung vom 10. Februar 2021 nach gegenwärtiger Erkenntnislage keine weitere nächtliche Ausgangssperre für den Ortenaukreis durch eine Allgemeinverfügung des Landratsamtes Ortenaukreis erforderlich.

Das Gesundheitsamt des Ortenaukreises kann zurzeit nicht feststellen, dass auf eine derartige Ausgangsbeschränkung - die wegen des damit verbundenen, tiefgreifenden Eingriffs in die Grundrechte der Einwohner nach dem Willen des Gesetzgebers eine „ultima ratio“, also ein letztes Mittel darstellt - nicht verzichtet werden kann. Das Sozialministerium hat die Landratsämter im Einzelnen angewiesen, dieses letzte Mittel nur dann zu ergreifen, wenn neben einem 7-Tage-Inzidenzwert von 50 Neuinfektionen in den letzten 7 Tagen die beiden folgenden weiteren Voraussetzungen vorliegen:

-        es besteht bei Berücksichtigung aller bisher getroffenen anderen Schutzmaßnahmen auch auf der Grundlage von § 20 Absatz 1 CoronaVO eine erhebliche Gefährdung der wirksamen Eindämmung der Verbreitung des Coronavirus

und

-        es liegt ein diffuses Infektionsgeschehen vor.

Diese beiden zusätzlichen Voraussetzungen sind nach Feststellung des Gesundheitsamtes im Ortenaukreis nicht gegeben.

Zum ersten kann nicht festgestellt werden, dass trotz aller Schutzmaßnahmen des Verordnungsgebers und der darüber hinaus vom Gesundheitsamt des Ortenaukreises getroffenen weiteren Maßnahmen ohne eine nächtliche Ausgangssperre eine erhebliche Gefährdung der wirksamen Eindämmung der Verbreitung des Virus gegeben ist. Über die Schutzmaßnahmen durch Verordnungen der Landesregierung getroffenen Maßnahmen hinaus hat das Gesundheitsamt des Ortenaukreises als weitere Maßnahmen insbesondere eine sehr intensive und breitgefächerte Kontaktpersonennachverfolgung. Mit einem deutlich über dem Landesdurchschnitt liegenden Personaleinsatz kann das Gesundheitsamt des Ortenaukreises auch bei Inzidenzen deutlich über 50 noch jeden Kontakt ohne Qualitätsverluste nachverfolgen. Zudem wurde mit Hilfe der Kassenärztlichen Vereinigung, des Deutschen Roten Kreuzes und der Malteser ein besonders intensives und breites Testen etabliert, so dass im Ortenaukreis auch Personen über die RKI-Vorschriften hinaus getestet werden. Schließlich hat das Gesundheitsamt seine Empfehlungen und Hinweise ständig weiterentwickelt wie beispielsweise zum Schutz von vulnerablen Gruppen durch konsequente Sicherstellung der Pflichttestung von Besuchern, externen Personen und Beschäftigten sowie dem eindringlichen Appell zur Reduzierung von Besuchen in stationären Pflegeheimen.

Bemerkenswert ist dabei, dass der Inzidenzwert in der Ortenau trotz der - epidemiologisch richtigen - Aufrechterhaltung des besonders intensiven Testens und der damit zwangsläufig verbundenen höheren Zahl an positiven Ergebnissen auch im Ortenaukreis kontinuierlich sinkt. Zudem kann gegenwärtig festgestellt werden, dass es kein besonderes Fehlverhalten der Bevölkerung im Sinne von Missachtung der geltenden Regeln gibt. Daher ist eine erhebliche Gefährdung der Eindämmung der Verbreitung des Virus ohne eine neue Ausgangsbeschränkung nicht erkennbar, weil nach wie vor alle anderen Regelungen im Sinne von Schutzmaßnahmen greifen, die dazu führen, dass auch in der Nacht keine Aktivitäten möglich werden, die die Eindämmung zusätzlich und erheblich gefährden könnten. Andererseits wären indessen auch bei einer weiteren nächtlichen Ausgangsbeschränkung unter anderem Demonstrationen, religiöse Veranstaltungen, der Besuch von Ehegatten, Lebenspartner sowie Partnern einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft und die Ausübung beruflicher und dienstlicher Tätigkeiten weiterhin möglich.

Zum zweiten kann das Gesundheitsamt des Ortenaukreises auch kein diffuses Infektionsgeschehen als weitere zwingende Voraussetzung für eine nächtliche Ausgangsbeschränkung feststellen. Dieses Erfordernis des Erlasses resultiert aus dem Sinn und Zweck der 50er-Inzidenz als Schwellenwert, weil - wie nach der Ministerpräsidenten-Konferenz mit der Bundesregierung gestern nochmal betont wurde - das Infektionsschutzgesetz in diesem Fall davon ausgeht, dass die Gesundheitsämter in der Regel nicht mehr die Kontakte ausreichend nachverfolgen können und dann keinen Überblick mehr über das Infektionsgeschehen haben. Auch das ist im Ortenaukreis nicht der Fall, denn unser Gesundheitsamt hat insbesondere aufgrund der weiterhin uneingeschränkt möglichen Kontaktpersonennachverfolgung und der extensiven Teststrategie einen guten Überblick über das Infektionsgeschehen. Die Infektionsketten können in den allermeisten Fällen zurückverfolgt und die Kontaktpersonen ermittelt werden. Einrichtungen mit besonderem Ausbruchsgeschehen können schnell erkannt und die erforderlichen Maßnahmen können spezifisch ergriffen werden.

Landrat Frank Scherer: „Es ist gut, dass trotz einer 7-Tage-Inzidenz von noch über 50 auch die Menschen im Ortenaukreis nun ein wenig mehr Freiheit zurückerhalten können, weil unser Gesundheitsamt aufgrund seiner konsequenten Kontaktpersonennachverfolgung und einer extensiven Teststrategie im Ortenaukreis einen besonders guten Überblick über das Infektionsgeschehen hat und wir davon ausgehen können, dass die weitere Eindämmung der Verbreitung des Virus nicht allein durch den Wegfall der Ausgangssperre erheblich gefährdet wird. Ich möchte die Bevölkerung dennoch eindringlich darum bitten, sich weiter so vernünftig zu verhalten und die geltenden Regeln zu beachten, um die zurückgewonnene Freiheit und weitere Lockerungen in den nächsten Wochen nicht zu gefährden.“